Quelle: Max-Plank-Institut
für Meteorologie, 16.03.2000
Wie funktioniert der Treibhauseffekt?
1. Elektromagnetische Strahlung
Bekanntlich sendet Materie elektromagnetische Strahlung aller Wellenlängen
in Form von Photonen aus (Emission), und zwar um so mehr je wärmer
der emittierende Körper ist. So sorgt z.B. die Emission elektromagnetischer
Strahlung an der (heissen) Sonnenoberfläche für Energie in
Form des sichtbaren Lichtes auf der Erde. Einfallende elektromagnetische
Strahlung wird aber auch von Materie verschluckt (Absorption) und trägt
dadurch zur Energieerhöhung der Umgebung bei, die sich meist in
einer Erwärmung ausdrückt. Das geschieht z.B. mit dem Licht
der Sonne in der irdischen Atmosphäre und am Erdboden, was die
Voraussetzung für das Leben auf diesem Planeten darstellt.
Bei den Temperaturen des irdischen Klimasystems findet die Emission
elektromagnetischer Strahlung durch Erdboden und/oder Atmosphärenbestandteile
überwiegend im sogenannten thermischen Bereich des Spektrums (zwischen
etwa 3 und 100 µm) statt, weshalb man auch oft von Wärmestrahlung
spricht. Da hier die Wellenlängen viel grösser sind als die
der energetisch wichtigen Sonnenstrahlung (zwischen etwa 0.4 und 3 µm),
kann man diese beiden Strahlungsarten und Spektralbereiche getrennt
betrachten, was die Überlegungen zur Strahlungsbilanz erheblich
vereinfacht.
Wichtig ist auch, daß Emission und Absorption vor allem bei Gasen
sehr stark von der Wellenlänge abhängen können, weshalb
oft von Emissionslinien oder -banden (Ansammlungen von Linien) die Rede
ist. Insbesondere bei den beiden wichtigen Treibhausgasen Wasserdampf
und CO2 finden die wesentlichen Absorptions- und Emissionsvorgänge
in solchen Banden statt. Dagegen besitzen gerade die beiden Hauptgase
der Atmosphäre Sauerstoff (O2) oder Stickstoff (N2) im energetisch
wichtigen Bereich des Spektrums keine wesentliche Emission und Absorption.
2. Der Treibhauseffekt
Bei einer Erde ohne Atmosphäre wäre die Oberflächentemperatur
ausschließlich durch die Bilanz zwischen eingestrahlter Sonnenenergie
und der vom Boden abgestrahlten Wärmestrahlung festgelegt. Diese
Oberflächentemperatur würde im globalen Mittel etwa -18°C
betragen. Selbst eine Atmosphäre aus reinem Sauerstoff und Stickstoff,
die ja die Hauptkomponenten unserer Atmosphäre (zu ca. 99%) bilden,
würde daran nichts wesentliches ändern, da diese Gase die
beiden genannten Strahlungsarten nur unwesentlich beeinflussen.
Dagegen absorbieren Wasserdampf und in geringerem Masse auch CO2 (und
andere Spurengase) die Sonnenstrahlung zum Teil und geben selbst Wärmestrahlung
ab. In Richtung zum Erdboden übertrifft diese zusätzliche
Wärmestrahlung aus der Atmosphäre die Reduktion der Sonnenstrahlung
und bewirkt so am Erdboden eine höhere Energieeinstrahlung, als
dies ohne solche Gase der Fall wäre. Diese vermehrte Einstrahlung
führt zu einer Erwärmung des Erdbodens und (infolge verschiedener
Transportvorgänge) auch der unteren Atmosphäre.
Diese Erwärmung des Bodens führt aber auch zu einem Ausgleich
der Strahlungsbilanz am Atmosphärenoberrand, denn im längerfristigen
Mittel muß die Erde ja genau so viel Wärmestrahlung in den
Weltraum abgeben, wie sie Strahlung von der Sonne absorbiert. Die vom
Erdboden nach oben gestrahlte Energie wird von den atmosphärischen
Treibhausgasen (teilweise) auch absorbiert, gelangt also nur zum Teil
direkt in den Weltraum. Dafür emittieren die Treibhausgase selbst
entsprechend ihrer Temperatur, die aber wegen der Temperaturabnahme
mit der Höhe in der Atmosphäre geringer ist als die des Erdbodens.
Daher verlässt mit zunehmender Menge an Treibhausgasen bei konstanter
Bodentemperatur immer weniger Energie in Form von Wärmestrahlung
die Erde in den Weltraum. Durch die erhöhte Bodentemperatur wird
dieses Defizit in der Strahlungsbilanz aber wegen der erhöhten
Wärmestrahlungsmenge vom Boden wieder ausgeglichen. Für diesen
Ausgleich ist vor allem das atmosphärische Strahlungsfenster hilfreich,
ein Spektralbereich bei 10 µm Wellenlänge innerhalb dessen
die Strahlung von der Oberfläche bei wolkenloser Atmosphäre
überwiegend in den Weltraum entweichen kann.
Wegen der Analogie mit den Vorgängen in einem Treibhaus, dessen
Glasdach ebenfalls die Sonne gut durchlässt, die Wärmestrahlung
von der Erdoberfläche aber nicht hinauslässt, ist das hier
beschriebene Phänomen auch als natürlicher Treibhauseffekt
bekannt. Die dafür in der Atmosphäre verantwortlichen Gase
werden häufig als Treibhausgase bezeichnet. Bei der Interpretation
verschiedener Klimavorgänge ist aber Vorsicht geboten vor der allzu
direkten Übertragung des Treibhausbildes. Insbesondere die Vernachlässigung
von gleichzeitiger Absorption und Emission von Wärmestrahlung in
verschiedenen Höhen der Atmosphäre, bei Argumentation mit
einer Glasplatte in fester Höhe, führt hier immer wieder zu
Verwirrung. Ausserdem sind natürlich die Verhältnisse in der
strömenden Atmosphäre mit Bewölkung viel komplizierter
als im Glashaus eines Gärtners.
Werden die natürlich vorhandenen Treibhausgase (z.B. CO2) durch
anthropogenen (menschlichen) Einfluss vermehrt oder durch neue Stoffe
(z.B. FCKW) ergänzt, so übertrifft die dadurch verursachte
zusätzliche Wärmestrahlung aus der Atmosphäre ebenfalls
die verstärkte Reduktion von Sonnenstrahlung am Erdboden. Daher
erhöht sich auch infolge dieses verstärkten (anthropogenen)
Treibhauseffektes die Temperatur des Bodens und der unteren Atmosphäre.
3. Ausmass des anthropogenen Treibhauseffektes
Um wieviel die wichtigen Treibhausgase die Oberflächentemperatur
der Erde anheben, ist nicht einfach zu bestimmen. Jetzt mögliche
Messungen der Wärmeabstrahlung in den Weltraum durch Satelliten
lassen auf eine Temperaturerhöhung des Bodens durch den natürlichen
Treibhauseffekt um etwa 33°C schliessen. Ohne diesen läge die
Bodentemperatur im globalen Mittel bei etwa -18°C. Zu dieser lebenserhaltenden
Erwärmung trägt Wasserdampf den weitaus grössten Teil,
etwa zwei Drittel, bei; es folgen Kohlendioxid (CO2) mit einem Anteil
von ca. 15%, Ozon mit etwa 10% und schliesslich Distickstoffoxid (N2O)
und Methan (CH4) mit je etwa 3%. Zur genauen Berechnung der Anteile
müsste neben der Höhen- und Breitenabhängigkeit aller
Gase auch die Wirkung der Bewölkung und der Schwebeteilchen (Aerosole)
auf die Sonnen- und Wärmestrahlung bekannt sein.
Die Konzentration der langlebigen Treibhausgase nimmt systematisch zu:
seit Beginn der Industrialisierung bis heute bei Kohlendioxid (CO2)
um ca. 30%, bei Methan (CH4) um 120% und bei Distickstoffoxid (N2O)
um ca. 10%. Hierdurch wird eine langfristige Erwärmung der unteren
Atmosphäre und der Erdoberfläche angestossen, deren Ausmass
mit der Konzentrationsänderung ansteigt, aber auch stark von der
Reaktion des Wasserkreislaufs (Wasserdampf, Bewölkung, Niederschlag,
Verdunstung, Schneebedeckung, Meereisausdehnung) bestimmt wird. Der
Wasserkreislauf kann sowohl verstärkend wie dämpfend eingreifen,
weil viele seiner Zweige stark temperaturabhängig sind. Da die
Erwärmung regional und innerhalb eines Jahres unterschiedlich ist
und weil die Strahlungsbilanzstörung bei einer Konzentrationsänderung
von der Struktur der Atmosphäre, der Jahreszeit und vom Oberflächentyp
abhängt, führt ein erhöhter Treibhauseffekt auch zu veränderten
Werten des Niederschlags, der Bewölkung, der Meereisausdehnung,
der Schneebedeckung und des Meeresspiegels sowie zu anderen Wetterextremen,
d.h. im Letzten zu einer globalen Klimaveränderung.
Quelle: Max-Plank-Institut
für Meteorologie, 16.03.2000
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